Mittwoch, 1. Mai 2013

Eine Banane reicht für 12 Kilometer

Claudi: Streckenbesichtigung. Das klingt nett. Nach Picknick-Korb, Sonnenhut und ofenwarmem Apfelkuchen. Außer Sonne und warm bleibt von meinem Gedankenspiel aber nichts übrig, als sich die Rookietruppe mit dem Trainer trifft, um die Wettkampfstrecke in Augenschein zu nehmen. Ich habe netterweise für Training und Triathlon ein Rennrad geliehen bekommen. Ein weinrotes Peugot-Klassikerteil mit 16 Gängen und Stahlrahmen. Trotzdem flotter und leichter als das MTB. Und todschick. Ich bin verliebt. Dennoch klappt mir die Kinnlade auf´s Schlüsselbein, als der Coach seinen Carbon-Esel aus dem Kleinbus führt. Eine Hightech-Rennmaschine, schmal wie ein Stück Billigpapier vom Copyshop. Wahrscheinlich muss man das Gerät nicht mal selbst fahren. In meinem Kopf fährt es die Strecke von allein, berechnet Höhenmeter und Windgeschwindigkeit sowie Luftwiderstand jedes Grashalms und kehrt auf Pfiff zum Besitzer zurück. Der Hobbysportler-Rest sitzt allerdings auf Mountainbikes oder Tourenrädern. Ich bin beruhigt.
Fenja: Der Hobbysportlerrest hat auch eine ähnliche Gesichtsfärbung wie wir. Profis hingegen starten wie aus dem Ei gepellt. Im Ziel kann man mit Müh' und Not einen Schweißtropfen auf der Nasenspitze erkennen. Während wir Ähnlichkeit mit einem nassen Spüllappen haben. Ähnlich labbrig fühlen wir uns nach einer Einheit mit dem Coach.

Trainer Roy  erklärt, dass wir nach dem Schwimmen 200 Meter rennen müssen. Empörung. Barfuß? Rennen? Das müssen wir doch am Schluss sowieso...Er zeigt uns die Wechselzone, erklärt das Nackigmachen auf der Wiese unerwünscht ist und dass wir bitte ins Zelt sollen, wenn wir unser Outfit komplett wechseln. Mach ich nicht. Badeanzug, Hose drüber, Shirt anziehen, fertig. Und Socken. Über die nassen, dreckigen Füße. Das wird ein Spaß.
Fenja: Ich schreibe mir auf die Gepäckliste: schwarze Socken. Falls der Straßendreck Steinheims nicht rausgeht, ist es nicht so schlimm wie bei weißen Socken. 

Claudi: Bevor ich panisch werde, fahren wir los. Rund einen Kilometer geht es bergauf. "Ordentlich hochziehen", ist Roys Tipp. Gern doch. Nach der ersten Abfahrt wird klar: Ich bin ein elender Schisser. Sobald es bergab rollt, greife ich in die Bremse. Traumatische Erlebnisse mit Waldwegen, Wurzeln und Vorderradbremsen haben mir Abfahrten dereinst unsympathisch gemacht. Anstiege hingegen sind toll. Beine und Rad passen zusammen, ich versuche, wenig zu schalten und düse im Wiegetritt selig davon.  Der  rächt sich beim Laufen. Mit wackeligen Beinen geht es auf die Laufrunde. Prompt habe ich Seitenstechen. Großartig. Marathoni Mario läuft locker an Fenja und mir vorbei, ich habe Mühe, Fenjas Tempo mitzugehen. Zähne zusammenbeißen. Ein-und Ausatmen. Seitenstechen ignorieren. Schwupps, der Anstieg ist da. Fies und steil, mit müden Beinen eine wahre Freude. Ich rolle die Zunge - mehr geht nicht. Kaum geht es bergab, ist alles schön. Das Seitenstechen ist weg, die Beine sind wieder fit und Fenjas Tempo wird angenehm mitzugehen. Trainer Roy Fischer schließt zu uns auf und lobt. Yeah!
Fenja: Was ich laufen kann, kann Claudi radeln. Mit ihrem Porsche äh Peugeot sieht man sie nur noch in der Ferne davonzischen. Ich kurbel und keuche. Mein Vorteil: ich war schon immer eine Bergabrennsau. Geschwindigkeiten ziehen mich magisch an - und wenn man sich quasi zurücklehnen kann, die brennenden Schenkel sich erholen, macht es noch viel mehr Spaß. "Huiiiiiiiiiiiiiiii", pfeift der Wind. "Hm, doch ein bisschen schnell", schreit die Vernunft. "Ich bin Rennfahrer", singt das fröhliche Herz.


Claudi: Nach einer guten Schwimmeinheit am Mittwoch (wir werden schneller!!) verabreden sich die Gazellen zum Lauf am Donnerstagmorgen. Und zwar um SIEBEN Uhr. Da ich nicht um vier aufstehen möchte und vorm Laufen praktisch nichts essen kann ohne dass mir akut übel wird, mussten ein Banänchen und ein Glas Wasser reichen. Geplant war nicht die übliche Popelstrecke (die uns im Sommer noch rote Köpfe und wacklige Beine beschert hatte), sondern die 12-Kilometer-und- 240-Höhenmeter-(Tor-)Tour. So früh strenge ich mich nur sehr ungern an, zumal mein Magen lautstark knurrt. Nach den ersten drei qualvollen Kilometern, die wir uns mit Getratsche schönreden, geht´s endlich. Guten Morgen, liebe Beine!
Fenja: Unser enormes Redebedürfnis am frühen Morgen trägt uns wie auf Flügeln über den steinigen Feldweg. Wir merken uns einfach: je mehr wir reden, desto eher vergessen wir, dass wir erstens noch nicht wach sind, zweitens unsere Körper nach Schlaf schreien und drittens unser kompletter Organismus gerade in Weinsberg angerufen hat, um uns endgültig einzuweisen. Im Gegensatz zu Claudi kann ich morgens übrigens schon eine große Tasse Kaffee trinken, einen leckeren Früchtejoghurt in mich reinstopfen und die Banane als krönenden Nachtisch verputzen. Bis ich mich durch den morgendlichen Berufsverkehr von Heilbronn nach Marbach gequält habe, bin ich
außerdem schon fast wach. Bei unserer netten Runde treffen wir den Hausmeister vom Schlosskeller. Er feuert uns an - weigert sich aber, mitzurennen. "Dich kriegen wir auch noch", denken wir uns und rasen weiter. Die Belohnung nach dem Frühsport: ein vollmundiger Kaffee, dazu lecker Brötchen und ungefähr die Hälfte des Kühlschranks aus dem Haushalt Kräft-Weingand. Haben wir uns aber auch verdient...

Claudi: Naja, so arg voll war der auch nicht mehr ;-)

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