Montag, 18. März 2013

Die Ballade von Fahrtwind und Schrumpelfingern

Koppeltraining. Für Pferdeliebhaber könnte das heißen:  "Mein  Pony trabt heute mal ohne mich über die Wiese". Für Triathleten bedeutet es:  "Ich kombiniere die sportlichen Herausforderungen". Wird ja mal Zeit. Es sind keine zwei Monate mehr bis zum Tag der Blamage. Bericht über die Doppel-Belastung erfolgt im Duett:

Fenja:
 Also - Rucksack schnüren mit Guppys (=Schwimmbrille), Handtuch, Badeanzug, Radel aus der Garage ausparken und ab zu Claudi. Die ist noch etwas zerstört vom alkohollastigen Vorabend - und unverschämterweise auf dem Drahtesel trotzdem fitter als ich. Da trinkt man seit fünf Wochen keinen Tropfen und hat trotzdem das Nachsehen.
Kommentar Claudi:
Zerstört ist gar kein Ausdruck. Ich habe die Abgabe des bisher aufwändigsten Artikels in diesem Jahr und gleichzeitig den Abschied einer lieben Kollegin gefeiert. Wein, Zigaretten, fettiges Essen, wenig Schlaf. SchlechteVoraussetzungen für eine sportliche Herausforderung? Der Kopf knurrt "ja", die Beine flöten"Nö." Der Drahtesel rollt. Vor mir die leere Straße, hinter mir auch. Und noch weiter hinten - Fenja.

Fenja: 
Naja - ab geht es den Neckar entlang Richtung Freiberg. Schöne Strecke! Links plätschert der Fluss, rechts leuchten die Weinberge im Sonnenlicht und wir strampeln munter drauflos. Claudi eleganter als ich. Bei mir hängt aber auch der Rucksack schief. Muss wohl am Vorhängeschloss für´s Fahrrad liegen. Das wurde im Jahr 2003/2004 käuflich erworben und hat jetzt seinen ersten Einsatz. Wiegt auch wirklich so viel wie ein Vorkriegsmodell. Großes Lob an Claudis Orientierungssinn - ich habe wie gewohnt links und rechts verwechselt und wäre bis jetzt noch nicht im Chlorwasser angekommen.
Claudi:
 Keine Bange, Fenja. Verfährt sich doch jeder mal. Aber du hast ganz schön lange auf der "richtigen Richtung" beharrt.

Fenja:
In der Umkleide geht es noch nicht so schnell - bis zum 12. Mai müssen wir da flotter werden. Aber die 750 Meter schwimmen (ohne Hindernisse, ohne Gürteltiere, ohne Seniorenslalom) schaffen wir in guten 20 Minuten. Trotzdem kein Grund, sich für den Heavy Triathlon anzumelden. Haare kämmen fällt aus, gefönt wird auf Sparflamme und zurück auf den Drahtesel. Mit Kapuze auf dem Kopf - ganz trocken ist die Haarpracht ja nicht.
 Claudi:
Die patentierte Kapuzentechnik sieht beknackt aus, schützt aber vor Kälte, Verkehrsgeräuschen, Vogelzwitschern und Geplapper. Kommunikation erfolgt über Handzeichen und lautes Gebrüll. Eleganz par exellence. Achja, und Umziehen müssen wir wirklich noch üben. Mit Schrumpelfingern in aerodynamische Radhöschen steigen ist gelinde gesagt frustrierend.

Fenja:
Das Sonnenlicht flutet immer noch über den Weg - leider hat sich ein unangenehmer Wind dazugesellt. Wir trainieren unter erschwerten Bedingungen, sei hier mal betont. Doch endlich, endlich ist Marbach wieder in Sicht. Wir drehen noch eine Runde durch die Holdergassen - dieses Mal ohne Fast-Sturz meinerseits.
Claudi:
Zu diesem kam es ein paar Kilometer weiter vorn. Ich blicke mich um (mit steifem Nacken, Kapuze und Helm im Sichtfeld) und Fenja ist nicht zu entdecken. Nicht mal als kleiner blauer Punkt mit lila Helm.
Fenja:
Mit einem Mal zog es gewaltig am rechten Schuh. Was war passiert? Der Schnürsenkel hat sich gelöst und wollte der Kette etwas über den richtigen Gang erzählen. Autsch! Also anhalten, "CLAUUUUDIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII" brüllen, bis diese mein zartes Stimmchen endlich vernimmt und anhält. Ziel für das nächste Mal: entweder barfuß oder bessere Schleifchen binden.

Dann naht der Abschied - die Gazellen strampeln nach Hause. Ich treffe unterwegs noch den Hausmeister vom Schlosskeller, der mich bewundernd begrüßt und meinen sportlichen Ambitionen einmal mehr den gebührenden Respekt zollt. Muskelschwächeerscheinungen merke ich aber sehr bald - auf dem Weg zum Zuckerschock in Form von Coca-Cola beschweren sich die Beinchen angesichts der Treppensteigerbelastung. Zur Belohnung warten zu Hause die Couch und ein Disney-Highschool-Film, der so richtig schön zum Verblöden einläd. Das richtige nach einem Sporttag ...

Claudi:
Unter der Dusche ging es mir erstmal toll. Dann entwickelte ich mich rasant zurück und verfiel verfiel in einen recht ursprünglichen Lebensrhythmus: Essen, schlafen, essen, schlafen, Zeitungstermin, esssen, schlafen.

Zwei Tage später:
Fenja:
Mein Hintern beschwert sich immer noch über die Belastung. Ja, was denn nun? Einen Fahrradsattel Marke "Sofabequem" zulegen, eine Fettschicht für den Allerwertesten anfuttern oder doch auf aerodynamisch-bequeme Sportradelhöschen umsteigen - und diese beim beliebten Internetfachhandel bestellen? Eine neue Testreihe scheint geboren.
Claudi:
Das mit der Fettschicht ist in Arbeit. Ich bin gerade unersättlich. Mein lieber Herr Vater würde sagen: "Du frisst wie eine neunköpfige Raupe." Immerhin: Das schlechte Gewissen nach der Fress-Attacke taugt einigermaßen als Trainings-Motivation.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen