Mittwoch, 20. März 2013

Voyeurismus und Herzensangelegenheiten



Mal ehrlich - betrachtet man Claudis und meinen Lebensstil, würde manch einer wahrscheinlich entsetzt den Kopf schütteln. Sieht man von der Fastenzeit ab, die Fenja gerade (durch)macht, sind wir beide einem guten Glas Wein oder einem schönen Bier nie abgeneigt. Gegessen wird aus Zeitgründen entweder neben dem PC, im Auto ebenso wie das Abendessen manchmal einfach ausfällt. Kombiniert mit einem unregelmäßigen Lebensstil - der beste Weg, ein gesunder Sportler zu sein. Dabei ist Gesundheit auch Herzenssache - das und noch viel mehr wurde bei der Auftaktveranstaltung zum mz3athlon vermittelt.
Morgens habe ich mit mir selbst gewettet - schaffe ich meine Präsentation in der Uni (zwei Wochen Nervenkrieg liegen nunmehr hinter mir), radel ich mit dem Fahrrad hin. Nachdem mein Prof so viel sagte wie "Sehr gut. Prima. Das wird super" - ok ok... Das Stahlross darf wieder ran. Von Marbach nach Murr - immerhin! Alleine. Ohne Navigationssystem "Claudia". An der Kläranlage entlang. Auf dem Hinweg zumindest im Hellen. Im Murrer Bürgersaal ist die Atmosphäre dann ganz anders. Kein dröges Gelabere, wie man es von privaten Fernsehsendern kennt mit Diät-Tips, Fit for Fun und sonstigem Quatsch. Dr. Christof Burgstahler ist Kardiologe, betreut Spitzensportler und klärt über Risiken auf. Doch was macht man, wenn man eine Schwäche hat? Nie wieder antreten? Und gar keinen Sport mehr betreiben? Man kann die berühmte Stecknadel hören, die zu Boden fällt, als Normann Stadler spricht. Zweifacher Ironman-Gewinner - und 2011 eine OP am offenen Herzen. Nichts ist zu hören außer seiner Stimme, als er erzählt, wie er sich von seiner hochschwangeren Frau verabschiedet, von seinem Sohn, nochmal im Garten ist - weil er nicht weiß, wie die OP ausgeht. Man kommt sich wirklich wie ein Voyeur vor (treffend formuliert von Achim Seiter), weil jeder genau wissen will, wie es Stadler ging. Jeder Zuhörer saugt die erzählten Erlebnisse förmlich in sich auf, steht vollkommen im Bann des Sportlers. Er sei immer gesund gewesen, betont Stadler. Keine Bänderrisse, Knorpelschäden oder Sonstiges. Burgstahler trifft es auf den Punkt: mit 160 Euro sei man bei einer sportärztlichen Untersuchung dabei. So viel wie ein paar neue Laufschuhe ...
Was habe ich für mich aus diesem Abend gelernt? Nicht nur, dass der Weg an der Murr entlang nachts ganz schön unheimlich ist und mein Fahrradlicht mit Xenon gepimpt werden sollte. Sonst findet man die Brücke über der Murr nicht. Auch nicht, dass ich heute morgen zum Frühstück wieder nur zwei Tassen Kaffee getrunken habe. Nein - vielmehr, dass Gesundheit wichtig ist. Dass man sich trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen weiter bewegen soll - dem eigenen Körper angepasst, wie Burgstahler hervorhebt. Man muss ja auch nicht nach Hawaii - schließlich sei dort weit und breit kein Mensch, es ist heiß und ungemütlich, erzählt Stadler mit einem Augenzwinkern. Und ich? Ich freu mich auf meinen "Hawaii im Ländle"...

Montag, 18. März 2013

Die Ballade von Fahrtwind und Schrumpelfingern

Koppeltraining. Für Pferdeliebhaber könnte das heißen:  "Mein  Pony trabt heute mal ohne mich über die Wiese". Für Triathleten bedeutet es:  "Ich kombiniere die sportlichen Herausforderungen". Wird ja mal Zeit. Es sind keine zwei Monate mehr bis zum Tag der Blamage. Bericht über die Doppel-Belastung erfolgt im Duett:

Fenja:
 Also - Rucksack schnüren mit Guppys (=Schwimmbrille), Handtuch, Badeanzug, Radel aus der Garage ausparken und ab zu Claudi. Die ist noch etwas zerstört vom alkohollastigen Vorabend - und unverschämterweise auf dem Drahtesel trotzdem fitter als ich. Da trinkt man seit fünf Wochen keinen Tropfen und hat trotzdem das Nachsehen.
Kommentar Claudi:
Zerstört ist gar kein Ausdruck. Ich habe die Abgabe des bisher aufwändigsten Artikels in diesem Jahr und gleichzeitig den Abschied einer lieben Kollegin gefeiert. Wein, Zigaretten, fettiges Essen, wenig Schlaf. SchlechteVoraussetzungen für eine sportliche Herausforderung? Der Kopf knurrt "ja", die Beine flöten"Nö." Der Drahtesel rollt. Vor mir die leere Straße, hinter mir auch. Und noch weiter hinten - Fenja.

Fenja: 
Naja - ab geht es den Neckar entlang Richtung Freiberg. Schöne Strecke! Links plätschert der Fluss, rechts leuchten die Weinberge im Sonnenlicht und wir strampeln munter drauflos. Claudi eleganter als ich. Bei mir hängt aber auch der Rucksack schief. Muss wohl am Vorhängeschloss für´s Fahrrad liegen. Das wurde im Jahr 2003/2004 käuflich erworben und hat jetzt seinen ersten Einsatz. Wiegt auch wirklich so viel wie ein Vorkriegsmodell. Großes Lob an Claudis Orientierungssinn - ich habe wie gewohnt links und rechts verwechselt und wäre bis jetzt noch nicht im Chlorwasser angekommen.
Claudi:
 Keine Bange, Fenja. Verfährt sich doch jeder mal. Aber du hast ganz schön lange auf der "richtigen Richtung" beharrt.

Fenja:
In der Umkleide geht es noch nicht so schnell - bis zum 12. Mai müssen wir da flotter werden. Aber die 750 Meter schwimmen (ohne Hindernisse, ohne Gürteltiere, ohne Seniorenslalom) schaffen wir in guten 20 Minuten. Trotzdem kein Grund, sich für den Heavy Triathlon anzumelden. Haare kämmen fällt aus, gefönt wird auf Sparflamme und zurück auf den Drahtesel. Mit Kapuze auf dem Kopf - ganz trocken ist die Haarpracht ja nicht.
 Claudi:
Die patentierte Kapuzentechnik sieht beknackt aus, schützt aber vor Kälte, Verkehrsgeräuschen, Vogelzwitschern und Geplapper. Kommunikation erfolgt über Handzeichen und lautes Gebrüll. Eleganz par exellence. Achja, und Umziehen müssen wir wirklich noch üben. Mit Schrumpelfingern in aerodynamische Radhöschen steigen ist gelinde gesagt frustrierend.

Fenja:
Das Sonnenlicht flutet immer noch über den Weg - leider hat sich ein unangenehmer Wind dazugesellt. Wir trainieren unter erschwerten Bedingungen, sei hier mal betont. Doch endlich, endlich ist Marbach wieder in Sicht. Wir drehen noch eine Runde durch die Holdergassen - dieses Mal ohne Fast-Sturz meinerseits.
Claudi:
Zu diesem kam es ein paar Kilometer weiter vorn. Ich blicke mich um (mit steifem Nacken, Kapuze und Helm im Sichtfeld) und Fenja ist nicht zu entdecken. Nicht mal als kleiner blauer Punkt mit lila Helm.
Fenja:
Mit einem Mal zog es gewaltig am rechten Schuh. Was war passiert? Der Schnürsenkel hat sich gelöst und wollte der Kette etwas über den richtigen Gang erzählen. Autsch! Also anhalten, "CLAUUUUDIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII" brüllen, bis diese mein zartes Stimmchen endlich vernimmt und anhält. Ziel für das nächste Mal: entweder barfuß oder bessere Schleifchen binden.

Dann naht der Abschied - die Gazellen strampeln nach Hause. Ich treffe unterwegs noch den Hausmeister vom Schlosskeller, der mich bewundernd begrüßt und meinen sportlichen Ambitionen einmal mehr den gebührenden Respekt zollt. Muskelschwächeerscheinungen merke ich aber sehr bald - auf dem Weg zum Zuckerschock in Form von Coca-Cola beschweren sich die Beinchen angesichts der Treppensteigerbelastung. Zur Belohnung warten zu Hause die Couch und ein Disney-Highschool-Film, der so richtig schön zum Verblöden einläd. Das richtige nach einem Sporttag ...

Claudi:
Unter der Dusche ging es mir erstmal toll. Dann entwickelte ich mich rasant zurück und verfiel verfiel in einen recht ursprünglichen Lebensrhythmus: Essen, schlafen, essen, schlafen, Zeitungstermin, esssen, schlafen.

Zwei Tage später:
Fenja:
Mein Hintern beschwert sich immer noch über die Belastung. Ja, was denn nun? Einen Fahrradsattel Marke "Sofabequem" zulegen, eine Fettschicht für den Allerwertesten anfuttern oder doch auf aerodynamisch-bequeme Sportradelhöschen umsteigen - und diese beim beliebten Internetfachhandel bestellen? Eine neue Testreihe scheint geboren.
Claudi:
Das mit der Fettschicht ist in Arbeit. Ich bin gerade unersättlich. Mein lieber Herr Vater würde sagen: "Du frisst wie eine neunköpfige Raupe." Immerhin: Das schlechte Gewissen nach der Fress-Attacke taugt einigermaßen als Trainings-Motivation.

Samstag, 9. März 2013

Die Tour der Leiden - die ganze Wahrheit

Freunde, ich bin wieder fit. Nach einer akuten Winter-Depressions-Phase, die ich mit wöchentlichem Larifari-Schwimmtraining und gut gemeinten Spaziergängen unwirksam bekämpfte, bin ich wieder am Start. Mit den ersten Sonnenstrahlen brachte nämlich auch ich mein großartiges KTM-Mountainbike auf Vordermann. Das war dringend nötig. Im Hinterrad steckte nämlich so ziemlich alles - nur keine Luft.

Auf zum muffeligen Provinz-Werkstatt-Monopolisten, der mir erstmal eine Standpauke hielt.  Nicht der Plattfuß war das Problem, sondern die dekorative Staubschicht. "Bei dem Dreck is klar, dass des net g´scheit schalte tut", so der Profi. Na gut. Gewaschen hat er mir das Bike nicht. Aber mit dem Messer die Gangschaltung frei gekratzt, die seitdem wieder einwandfrei funktioniert. Weil "Gangschaltung sauberkratzen" nicht in der Liste der Werkstattleistungen steht, musste ich nur den neuen Reifen bezahlen.  Glück gehabt.

Tja, und dann war es so weit. Am vergangenen Dienstag kehrten die Hummeln in den Hintern zurück. Und ich beschloss, mein Reitbeteiligungs-Pferd by bike zu besuchen. Mit einem ungefähren Masterplan im Kopf zog ich über die Felder nach Kirchberg. Und schwupps war klar, was das "berg" im Namen zu suchen hat: Ich sag nur so viel: Alpes d´Huez ist Kinderkram (Zumindest, wenn man gut gedopte Athleten auf der mörderischen Tour de France-Etappe im Fernsehen sieht).

Aber: Das Knie hielt, der Sauerstofftransport stimmte und die Muskeln protestierten nur ein bisschen. Grund genug, ihnen eine halbe Stunde reiten zuzumuten. Das erste Mal seit Monaten nach meiner und des Pferdchens Beinverletzung. Und das bei sonnigem Wetter und über 10 Grad Celsius. Ein Traum.


Auf dem Heimweg kam dann der Hammer: Ich habe mich nicht nur um rund 10 Kilometer zu meinen Ungunsten verschätzt, sondern auch um gefühlte 300 Höhenmeter. Mein eiserner Stolz ("Ich steig nicht ab, ich steig nicht ab,...") kam etwas ins Wanken, als ich von einer Walkerin (!!!) fast überholt wurde. Die Topographie entschied das Duell aber doch zu meinem Vorteil - es ging irgendwann bergab.

Nach diesem Erfolgeserlebnis war klar, dass dieselbe Tour nochmal ins Haus steht - und zwar am Freitag. Mit Kater in den Muskeln und kaputtem Gesäß nicht gerade ein Zuckerschlecken. Aber dennoch: Ich bin im Moment ganz zuversichtlich, dass ich den Triathlon packe. Obwohl ich nix gegen einen abgewandelten Biathlon hätte: Reiten und Radeln im Wechsel.

Wendy fährt Fahrrad



Es wird Zeit für ein kleines Resümee. Es nur noch zwei Monate bis zum Triathlon und mehr oder weniger fleißig wird trainiert. Laufen macht bei Schnee weniger Laune und da ich gegen die Chlorbrühe allergisch reagiere, ist jeder Schwimmbadaufenthalt von einem Niesanfall begleitet. Äh – Moment mal – das sind nur zwei Sportarten. Eine fehlt… RADELN… Ups… Also vielleicht doch mal zu den Eltern fahren und den lilafarbenen Drahtesel aus der Garage locken. Hatschiiiiiiiii… Seitdem das unmotorisierte Zweirad das letzte Mal bewegt wurde, hat sich eine Staubschicht angesammelt. Wann war denn das eigentlich? Kurze Überlegung: Sommer 1999! Na, das kann ja heiter werden. Also- erstmal putzen. Schwungvoll kippe ich mindestens eine Schüssel Wasser über meinen Jugendporsche. Nachdem sich die Staub-, Schlamm-, Dreckwolke verzogen hat, kann ich das Rad auch inspizieren. Zwei Platten. Einer vorne, einer hinten. Da ist wohl der Fahrraddoktor gefragt. Leider scheitert auch die nächste Aktion – da hat man schon einen bayrischen Mistwagen als Auto und dann passt das Fahrrad nicht rein. Und nun? Zum Trainingsort tragen?
Ich berichte mein Dilemma meinen Freunden. Die lachen sich natürlich wieder schlapp. Ich: „Mein Fahrrad passt nicht ins Auto.“ Antwort: „Mach doch das Vorderrad ab.“ Ich: „Kann ich nicht.“ Antwort: „Bring es mir her, ich mach es dir…“ Hahaha… Die Hilfsbereitschaft hält sich echt in Grenzen. Doch mein weiblicher Charme rettet mich. Da ich im Oktober beim CobbleHoppel mitgemacht habe, habe ich zumindest schon Connections in Richtung Fahrradbesitzer geknüpft. Damals bin ich schließlich auch mit Fremdware gestartet – und habe beim kuriosen Bergsprintrennen den 3. Platz bei den Frauen erreicht. Von fünf… Aber das tut hier nichts zur Sache.
Frühe Karriereversuche... aber eigentlich fährt man lieber bergab...
Dann ist er da... der Tag der Tage... ich erhalte ein Leihfahrrad von einem Freund. Klare Sache, dass sich das Duo in fernale trifft und in die Pedale tritt. Ziel: das Pferdchen in Kirchberg. Und bis wir endlich ankommen, gilt es einige Problem zu überwinden. Auch beim Radeln kann man nicht einfach plappern. Der Fahrtwind (höhö) trägt immer nur einzelne Sprachfetzen zum Gegenüber. Fenja blickt es auch nicht gleich mit der Schaltung und knutscht fast die Holdergasse. Aber nur fast! Und dann ist da noch diese komische Plastikteil zum Reinschlupfen am Pedal. Sinn war auch am Ende der Tour nicht ganz klar. Aber kommt bestimmt noch. Weitere Ergebnisse: Enge Jeans sehen super aus. Aber nach spätestens 500 Metern tut der Hintern weh. Äußerst dekorativ sind auch unsere Fahrradhelme - knallgelb und Teenagerlila. Zwischendurch fluchen wir über Autos, die über den Feldweg fahren. Die neuen Motoren sind wirklich so leise, dass wir nichts hören. Es lag auch bestimmt nicht an unserer enormen Geschwindigkeit. Ein lautes Hupen und wir weichen. Der Stärkere hat Vorfahrt, is klar, ne? Wieder mal eine kleine Verfahrung, aber irgendwann geht es den Berg runter Richtung Kirchberg. Herrlich! Claudi lahmt ein bisschen, traut sich nicht. Ihre Stärke zeigt sich einige hundert Meter weiter: Bergauf! Kirchberg ist grausam! Das arme Hascherl Fenja ist von der Erkältung noch sehr geschwächt, ihre Lungen pfeifen und Stolz hin oder her - irgendwann wird geschoben. Während Claudi elegant den Berg hochwedelt... Na gut - für die Leistung hätte es bei Heidi Klum auch kein Foto gegeben. Aber sie hat es geschafft. Kurzer Stop beim Getränkeladen, Wasser und Zuckerwasser tanken und dann weiter Richtung Reiterhof. Dort das Pferdchen (angesichts der Größe eine falsche Bezeichnung) versorgt... Fenja stellt fest: Alle Reiter fahren mit dem Radel hin (Claudi), sind langbeinige Dinger (Claudi) und essen Äpfel (wir beide). Während Fenja die Theorie für bewiesen erklärt, meint ihre Freundin, dass das nur bei zwölfjährigen Wendyleserinnen so sei...
Nach einer Stunde zwischen Ponys, Pferden und Lasagne schwingen wir uns wieder auf den Drahtesel und es geht zurück gen Marbach. BERGAB! Kirchberg ist toll! Am Kreisel dann links und gen Heimat... oder so... Das Fazit des Tages: mehr als zwei Treppenstufen zu laufen gestaltet sich als schmerzhafter Wahnsinn. Sitzen geht auch nur bedingt. Dank der Sonnenstrahlen sind zudem einige Punkte auf der Nase zu erkennen. Yeah!