Seit Knieverletzung Nummer zwei hüpfe ich auch solo häufiger in die Chlorbrühe. Zeit für ein Resümee.
Schwimmen. Sport der Schweigsamen. Selbst, wenn das geschwätzige Gazellen-Duo gemeinsam ins Hallenbad hüpft, hält es für die Dauer von rund 13 Minuten (die aktuelle Zeit auf 500 Meter Rentner-Slalom im Brust-Stil) gezwungenermaßen das Maul. Dafür wird beim Hinfahren, Umziehen, Duschen, Duschen, Umziehen, Fönen und Wegfahren gequatscht.
Schwimmen. Sport der Rentner. Egal, wann man sich ins Bad traut: Es gibt mindestens drei Rentner, die dieselbe Idee hatten. Sie tragen geblümte Badeanzüge oder schwarze Badehosen, einige Kilo zu viel und häufig Badehauben. Weil ich mittels Guppy-Brille den Unterwasser-Durchblick hab, entdeckte ich noch ein Merkmal. Rentner mögen nicht nur Nordic Walking. Sie stehen auch auf Aqua-Jogging. So wie man Walker nicht am Walken, sondern an den Stöcken erkennt, erkennt man Aqua-Jogger nicht an Laufbewegungen unter Wasser, sondern an Gürteln aus Moosgummi.
Schwimmen. Sport der Zeitmanager. Wenn ich einen Kilometer geschwommen bin, reichts mir erstmal. Dann wird noch etwas gedümpelt und nix wie raus aus dem Wasser. Mit Dümpelzeit macht das eine gute halbe Stunde. Mit Anfahrt, Umziehen und Pipapo eine Stunde. Mit der fönenden Fenja gute zwei. 45 Minuten um den Block laufen verbraucht auf jeden Fall mehr Kalorien und weniger Zeit.
Schwimmen. Sport der Schmerzfreien. Schmerzfrei in Modedingen. Mein schnürbarer Jeans-Bikini aus der zehnten Klasse ist zwar todschick, aber auch todunpraktisch. Während ich mich eines Tages noch fragte, warum ich mich so befreit fühlte, wies mich Fenja darauf hin, dass ich oben ohne im knietiefen Wasser stand. Zum Glück waren die Rentner mit Aqua-Jogging beschäftigt. Es nützt nix: Ein sportlicher Bikini und/oder Badeanzug muss her.
Außerdem war fix klar, dass ohne Schwimmbrille gar nichts geht. Nicht nur die Hallen-Elite, also die Kraulstil-Hampel, brauchen die hässlichen Dinger, sondern auch wir. Brustschwimmen mit Kopf-unter-Wasser ist nämlich nicht nur besser für´s Kreuz, sondern macht ohne Bindehautentzündung auch mehr Spaß.
Doof nur, dass meine Brille letzte Woche unauffindbar war. Mir war klar: Ich habe sie im Hallenbad vergessen. Das Schwimmbadpersonal war begeistert, als ich danach fragte. Man brachte einen enormen Wäschekorb voller Schwimmbrillen. "Welsches Farbe?", fragte die Angestellte mit Migrationshintergrund. "So blau-weiß. Irgendwie." Mir wurde bedeutet, gefälligst selbst zu suchen. Doch unter den tausend vergessenen Brillen fand sich die meine nicht. Auf Chlor im Auge konnte ich gut verzichten, also wählte ich frustriert die, die meiner Brille am ähnlichsten war. Der frührere Besitzer möge mir verzeihen. Tut er sicherlich, denn das gewählte Utensil war vollkommen verkratzt und zudem undicht. Zu Hause flog es in den Mülleimer, den ich mit meinen blutunterlaufenen Chlor-Augen kaum fand
Es half alles nichts, ich musste eine Nachfolgerin für die verlorenen Augengläser bestellen. Als ich einen Tag darauf in den Stall fahren wollte und zur Winterjacke griff, traute ich meinen kurzsichtigen Augen nicht: Meine verloren geglaubte Brille purzelte unter der Kapuze hervor. Naja. Doppelt hält besser.